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oder die Problematik der weiblichen Identität in einer patriarchalen Gesellschaft

Echo? – das ist nicht nur der Schall, der von einem Widerstand zurückgeworfen wird… in der „modernen“ Alltagspsychologie haben viele dazu ganz andere Assoziationen.

ECHO – das war doch diese mythische Frauenfigur, die sich so unsterblich in den selbstverliebten Narziss verknallt hatte – der aber von ihr nichts wissen wollte. Soweit – so unvollständig. Ja, es gibt Parallelen zwischen den mythischen Gestalten, die für bestimmten Formen von dem, was man heute weitläufig „toxische Beziehungen“ nennt, herhalten müssen. Aber es gibt auch Einiges, das so gar nicht zusammenpasst. Also, wo treffen sich die mythischen und die modernen Geschichten und wo sind die eigentlich ganz offensichtlichen Unterschiede?

Übrigens – alle möglichen Störungsbilder rund um das Phänomen Narzissmus sind mit Mythologien und den zugehörigen Archetypen besetzt. So beschreibt z.B. Andreas Marmeros in seinem Werk rund um den Narzissmus: „Der Narkissos und seine Opfer“, (2018) die dazugehörigen mythologischen Figuren und Begriffe folgendermaßen: „Des Narkissos Werke und Tage sind einer der Archetypen für den Narzissmus. Der Narzissmus hat viele Gesichter und viele Archetypen. Ajax ist der Archetyp des autodestruktiven Narzissmus, Medea der des heterodestruktiven, und beide zusammen Archetypen des malignen Narzissmus. Pathologische Narzissten sind hochmütig und unbelehrbar, nicht selten bezahlen sie aber teuer dafür. So wie die hochmütige und unbelehrbare Arachne und die therapieresistente Niobe. Sie stehen als Archetypen für die Unbelehrbarkeit des narzisstischen Hochmuts. Bellerophon ist ein Paradigma für das Doppelopfer des Narzissmus: Opfer der narzisstischen Kränkung einer fremden Person….. “Hier werden Götter, Halbgötter und andere mythologische Gestalten als Symbole für gestörtes (krankhaftes) menschliches Verhalten herangezogen und mit allem mythologischen Hintergrund beschrieben. Als eines dieser Opfer ist vor allem Echo bekannt, die abgewiesene (eher verschmähte) Möchtegern-Geliebte des stark autistische Züge tragenden Narziss!

Sie wird vor allem für eine bestimmte Form des Opferseins als Sinnbild herangezogen – Opfer der ausbeuterischen Beziehung, die sich Narzissten immer wieder suchen – und meist auch finden; denn die opferbereite Frau (sich opfernd bis zur Selbstaufgabe) ist immer noch ein tief verwurzeltes Ideal eines patriarchalen Frauenbilds.

Echo / Echoismus – diese Begriffe findet man kaum in einem klinisch psychiatrischen Diagnostikum!?

Aber, schon die Namen geben viel mehr her, als die trocken klinischen Bezeichnungen von partiellen psychopathischen diagnostischen Umschreibungen für alle mehr oder weniger pathologischen Störungsbilder rund um alle Phänomene, die heute alle so rasch unter dem Schlagwort „Narzissmus“ zusammengefasst werden.

Hier könnte man sich jetzt in sehr ausgeklügelten differentialdiagnostischen Zugängen ergehen, irgendwo rund um diverse Persönlichkeitsstörungen angefangen von psychopathischen, oder soziopathischen bis hin zu schizoiden Störungsbildern. Also vieles lässt sich hier unter einen Begriff recht bequem zusammenfassen; was manchmal auch „NUR“ als bestimmte mehr oder weniger neurotische (emotionale) Beziehungsstörung daherkommt. Warum NUR ? Eigentlich schon deshalb, weil wir allesamt unsere mehr oder weniger starken neurotischen Störungen (und wir bringen alle zumindest ein minimales Potential davon aus unserer Kindheit und Jugend mit) in unseren Beziehungen (meist unbewusst) ausleben; soweit so simplifiziert!

Die minimale Anzahl von Individuen, die ganz „störungsfrei“ in ihre ersten und auch späteren Beziehungskisten stolpern, halte ich ohnehin für die wenigen Glücklichen, die man meist mit der Lupe sucht! Eine gute und möglichst reibungsarme Beziehung, die so, wie wir es uns gerne erträumen, über Jahrzehnte hält – gehört wohl eher ins Reich der Mythen und Märchen. Denn dort suchen wir uns recht oft die unrealistischen/idealen Vorbilder.

Die lebenslange Paarbeziehung, im Sinne der großen überdauernden Liebe – „bis dass der Tod euch scheidet“ – ist ein sehr schöner Traum, auf dem unsere gesamte Gesellschaft mit allen ihren utopischen Produkt-Versprechungen aufgebaut ist. Ich will damit nicht sagen, dass es nicht auch solche -Idealbeziehungen gibt, wo die Partner bei der diamantenen Hochzeit den Reportern versichern, dass sie sich lieben würden, wie am ersten Tag. Herzliche Gratulation! – Ich freue mich und finde es wunderschön für die beiden; aber es ist mir bewusst: Das ist eben die große Ausnahme. Gute und langfristige Beziehungen sind dennoch – auch wenn das bei diesen Gelegenheiten selten zur Sprache kommt – im Idealfall für beide Seiten „harte Arbeit“, bis man/frau es dann doch soweit gebracht hat, dass ein Zusammenbleiben auch in schwierigen Situationen immer als die bessere Variante gesehen wird (als eine mögliche Trennung).

Co-Abhängigkeit als das grundlegende Muster einer „guten bürgerlichen Ehe“ – oder Echo als ideale Partnerin

Ja zugegeben – das mag provokant klingen; aber es lässt sich relativ klar analysieren und argumentieren, warum eine gute Partnerbeziehung in einer patriarchalen Gesellschaft eine ideale „Echo“ als Traum-Partnerin (Ehefrau) braucht. Das mit dem mythischen Narziss passt hier allerdings nicht mehr so ganz; denn dieser Narziss brauchte und va. WOLLTE keine Echo! Er war mit sich selbst recht zufrieden! Und die Stalkerin im Fall des Mythos war Echo! Sie verfolgte ihn ziemlich heftig; und er hatte alle Mühe diese ungewollte Aufdringlichkeit von ihrer Seite abzuwehren; meist in dem er einfach davonlief und/oder sich vor ihr versteckte. Leider gab es da für ihn auch keinen Zufluchtsort – also kein „Männerhaus“ für unschuldig verfolgte schöne Jünglinge!

Also – wenn man dem Jüngling (in zeitlicher Ferndiagnose) schon eine psychische Störung (ich verwende ganz bewusst hier nicht das Wort Erkrankung, das aus meiner Sicht meist sehr missbräuchlich verwendet wird) andichten möchte, dann würde ich ihn am ehesten als Autisten einstufen. Eventuell auch mit ein paar leisen narzisstischen Zügen, im Sinne von Selbstbezogenheit und mehr als normale „Selbstliebe“, aber was ist schon „normal“?– doch wohl das, was eine Gesellschaft für eine bestimmte Epoche als „normal“ definiert.

Der mythische Narziss war also ein etwas sonderbarer Autist!? Aber was ist jetzt der große Unterschied zu diesen Menschen, die wir heute als narzisstisch ansehen würden. Und wie ist das mit den scheinbar krankhaften Beziehungen (Co-Abhängigkeit), in der beide Seiten in sehr „toxischer Form“ voneinander abhängig sind.

Schauen wir uns doch mal die unglückliche Echo etwas näher an – und vergleichen wir sie mit unseren idealen Frauen-Bildern im Kopf

Echo – eine schöne junge Nymphe…! Da fängt es ja schon an; wer kennt sich denn heute noch wirklich bei diesen ganzen Märchen- und Sagengestalten aus? Was ist eine Nymphe – ein nicht ganz menschliches Wesen? Und woran erinnert uns dieser Begriff eventuell? Doch nicht etwa an das Wort „Nymphomanie“! Schon wieder eine neue Begriffsverwirrung?

In der griechischen und römischen Mythologie sind Nymphen junge Frauen im Rang von „niedrigen Gottheiten“ als BegleiterInnen von höheren männlichen und weiblichen Gottheiten (wie z.B. Dionysos oder auch der Artemis). Als derartige BegleiterInnen hatten sie zwar einerseits einen gewissen Status, der nicht (nur) vom Männlichen abhängig war, aber sie waren eindeutig untergeordnet und hatten auch helfende Funktionen. Sie galten zugleich auch als Personifikation von Naturgewalten (Elementen); so waren die Nymphen hauptsächlich mit dem Element Wasser assoziiert, daher überliefert die Mythologie auch diverse „Quellnymphen“ – Wasser und weibliche Natur gehen in der Mythologie bis heute Hand in Hand.

Egal wie man es dreht und wendet – Echo hatte, wie von höherer Seite gefordert (meist von einer männlichen Gottheit) gewisse Aufgaben zu erledigen – eine eher sehr undankbare Aufgabe. So sollte sie der Legende nach auch Hera (durch Zeus ständig betrogene Ehegattin) durch Erzählungen ablenken, wenn sich der Göttergatte Zeus gerade in einem seiner unzählbaren Ehebrüche erging! Als Hera dahinterkam strafte sie (statt Zeus) die arme Nymphe und nahm ihr teilweise die Sprache, sodass immer nur das letzte ihrer Worte hörbar wurde!

Diese arme Nymphe (wir sehen schon – sie ist das ideale Opfer!) machte ihr Unglück auch noch perfekt, indem sie sich in den schönen Jüngling Narziss verliebte, mit dem sie auch aufgrund des sprachlichen Unvermögens nicht kommunizieren konnte. So hörte er ja immer nur das letzte Wort ihres Liebesgestammels. Was uns die Legende nicht genau erzählt, ist, warum genau Narziss die Echo floh.. voraussichtlich nicht nur wegen ihres Sprachfehlers! Er war ja ganz offensichtlich nur in sich selbst verliebt! ABER – er war sicher kein Prototypus des modernen narzisstischen toxisch- männlichen Mannes als Sinnbild eines patriarchalen gesellschaftlich geprägten Männerbildes. Dafür könnte Zeus ja viel besser als Vorbild herhalten, denn er verwendet andere rücksichts- und respektlos nur für seine Launen und Bedürfnisse; ein wesentliches Merkmal dessen, was wir heute als narzisstisch bezeichnen würden (die Frage ist darüber hinaus, welche Gottheit tat das nicht, wenngleich auch nicht ganz so selbstherrlich und schamlos wie Zeus!). Also nichts als „selbst ernannte Götter“ als toxisch männliche Exemplare?

Die moderne Echo – in unserer Gesellschaft

Wenngleich die meisten männlichen Narzissten vom Bild des mythischen Narziss ziemlich abweichen, sie fliehen nicht vor den Frauen/Partnerinnen sondern verwenden sie schamlos zur Befriedigung vieler ihrer schwer zu stillenden Bedürfnisse. Und eine moderne Echo ist wohl so manche Partnerin, die ihn vielleicht nicht wirklich verfolgt, die sich aber auch nicht aus der emotionalen Verstrickung von ihm lösen kann. Solche „Prototypen“ finden wir in ganz vielen dieser toxisch-emotionalen Beziehungen.

Und warum können sich die Frauen offenbar so schlecht aus diesen Abhängigkeiten lösen? – Hier können wir getrost einige Anleihen bei Echo nehmen! Denn Echo bietet ein gutes Vorbild einer sich verzehrenden Frau, die glaubt ihre ungestillte Liebe wäre ihr Lebenszweck; und die darüber hinaus offenbar ihre eigene Identität nur über einen geliebten Mann zu finden glaubt. Also eine Frauengestalt, die untergeordnet ist, offenbar keine eigenen Bedürfnisse hat (oder nur dasjenige vom ersehnten Geliebten wiedergeliebt zu werden) und die ihr einziges Heil in dessen Liebe sucht. Und wohl gemerkt diese niemals erhält, sosehr sie sich auch anstrengen mag.

Gibt’s da nicht ein paar Parallelen zu den immer noch sehr tiefsitzenden Idealen von „echter Weiblichkeit“, so wie sie in patriarchalen Gesellschaften definiert wird? Ist sie nicht eine von vielen mythologischen/legendären Gestalten, wie wir sie unendlich vielfach in den Märchen und Mythen verschiedenster Kulturen finden. Die Götterwelten – ob nun monotheistisch oder polytheistisch – spiegeln fast immer das Wertesystem einer Gesellschaft. Die Gottheiten werden nach dem Bild der Menschen geformt! (nicht umgekehrt!).

Die Echos von einst und jetzt – die vielen Parallelen

Die berühmten mythologischen weiblichen Gestalten sind fast immer „Opfer“ – aber zugleich Opfer, die immer schuldig sind! Egal, was ihre männlichen Partner auch anstellen, im Endeffekt tragen fast immer die Frauen (deren Handlungsmöglichkeit ohnehin fast immer extrem eingeschränkt sind) an allem Unglück die Schuld. Und sehr oft werden sie für ihren Opferstatus auch noch verfolgt und bestraft. Das ist nicht nur bei der unglücklichen Echo so (auch sie ereilt in jeder Erzählform ein schlimmes Schicksal), auch andere mythische Gestalten haben ähnliche „himmelschreiende“ Ungerechtigkeiten aufzuweisen. Man denke nur an das indische Nationalepos Ramayana: Dort ist Sita (übrigens als das „Idealbild der hingebungsvollen, liebenden Gattin“ bezeichnet), nicht nur entführtes Opfer, sondern sie wird dafür auch noch durch gesellschaftlichen Rufmord bestraft!

Die unzähligen zeitgenössischen Echos in den vielen unglücklichen Co-Abhängigkeits-Beziehungen leiden oft jahrelang dahin, bevor sie es schaffen, sich aus den unglücklichen (echoistischen) Beziehungen zu lösen. Nicht selten eben durch Tod/Selbstmord. Auch wenn wir nicht mehr in einer so streng patriarchalen Gesellschaft leben wie Sita oder Echo – und es für Frauen inzwischen viele unterschiedliche Optionen gibt, sich aus derartigen Beziehungen zu lösen; die inneren Muster halten sie oft lang davor zurück.

Patriarchale Muster in den Köpfen – schwer auszumerzen!

Die Muster, die sich seit Jahrhunderten festgesetzt haben – und die offenbar noch irgendwie auch in unserem kollektiven Unbewussten angelegt sind – wie sehen sie aus?

Hier ein paar typische Beispiele:
  • Ich muss für andere da sein,
  • ich muss mich um alle und alles kümmern (vor allem um den Fortgang einer Beziehung)
  • ich muss auf seine Bedürfnisse Rücksicht geben, meine eigenen Bedürfnisse müssen zurückgestellt werden (oft sind sie nicht mal bewusst)
  • für die ideale Liebe muss ich auch schwere Opfer bringen (ja schon – aber nicht immer und ausschließlich von einer Seite- nämlich der weiblichen)
  • ich bin grundsätzlich immer an allem was schief läuft schuld
  • Beziehungsarbeit ist weiblich (warum eigentlich?)
  • ich habe mich einfach zu wenig angestrengt; ich muss es noch stärker versuchen,
  • ich muss auch leidensfähig sein und nicht gleich aufgeben…. die Liste lässt sich schier endlos fortsetzen!

Tja – liebe moderne Echos: Es ist verständlicherweise sehr schwer, sich aus solchen Verstrickungen zu lösen, wenn man im Kopf noch immer die Muster präsent hat, die einem in der Sozialisation eingehämmert werden…

Wie heißt es schon provokant in dem berühmten Monolog des „Herrn Karl“ – einer schrägen Zusammenfassung all dessen, was den „typischen Österreicher“ (als Mitläufer) der Nachkriegszeit ausmachte (es muss aber nicht nur der Österreicher“ sein!); patriarchalische Glaubenssätze herrschen noch überall: „Die Frau ist der gebende Teil – und der Mann der herrschende..“ –Was hier als provokante These aus dem Mund dieses Nachkriegs-Ungustls (ein Austrizismus für ein „Ekel“) – des Herrn Karl kommt, greift leider noch immer: Diese Jahrtausende alte diskriminierende These wird kaum noch offen ausgesprochen (schließlich sind wir ja alle sooo modern und emanzipiert), aber in den Köpfen ist sie leider noch immer recht hartnäckig verankert! Und ein Anker ist ja offenbar dazu da, um etwas (ein Schiff, oder wie hier ein Rollenbild) festzuhalten!

Es gilt daher die Muster aufzuspüren und umzuformen! Zugegeben – ein schwieriger Prozess – aber es lohnt sich ihn mal zu beginnen!

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Die Autorin von Echo – einst und jetzt

Persönlichkeit - Ein Blogbeitrag von Eva Nikolov-Bruckner

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Narz Talk Spezial Reihe – Narzissmus in Wien

Die beiden Wienerinnen Regina Schrott & Eva Nikolov-Bruckner führen durch die Stadt auf den Spuren von Herrn Freud.

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