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Narzissmus – eine psychische Störung, eine Modeerscheinung, ein gesellschaftliches Phänomen unserer Zeit und jetzt auch noch gesund… was nun? Eine (un)klare Antwort darauf lautet: eTypen aus Politik oder der Medienwelt, die sich hauptberuflich selbst inszenieren, um aus sich ein begehrenswertes und auch kostspieliges „Produkt“ zu machen. Geliebentlich ALLES! Und deshalb auch die Frage: Gesunder Narzissmus – für wen?

Normalerweise denken wir bei Narzissmus eher an solche Bilder, wie den schönen Jüngling aus der griechischen Sage oder an selbstverliebte Stars, machthungrige Politiker oder sonstige knapp an Psycho- oder Soziopathie vorbeischrammende Typen aus Politik und Wirtschft, Film- und Medienwelt, deren vordergründigstes Lebensziel es zu sein scheint, keinen Tag nicht in den Medien – und sei es auch nur irgendwo auf social media – nicht aufzuscheinen!

Unser Zeitgeist scheint ihnen auf allen Ebenen recht zu geben. Schein schlägt sein – Inszenierung schlägt Inhalt. Leere Schlagworte und Überschriften toppen Sinnhaftigkeit von Texten und Aussagen…

Short and dirty ist das Motto unserer Zeit

Je oberflächlicher und marktschreierischer desto mehr Aufmerksamkeit, Likes, Smileys usw. Ist das eine immer schneller werdende Fahrt in den Abgrund? Geht die Menschheit inzwischen an ihrer permanenten Selbstüberschätzung und ihrem kollektiven narzisstischen Größenwahn zugrunde?

Soweit die nicht unberechtigten Unkenrufe von vielen Seiten aus Wissenschaft, Philosophie oder Kunst. Doch auch sie müssen im immer stärker ausgebeuteten Teich der Medienpräsenz nach Wahrgenommenwerden fischen.

Kann hier noch von einem gesunden Narzissmus die Rede sein?!

Hat uns dieser alles überlagernde kollektive Narzissmus nicht schon viel zu weit ins Verderben geführt?!

Aber dennoch gibt es sie, die Plädoyers für einen Narzissmus, der gesund ist und einer Seite in uns, wenn wir sie nur richtig nutzen und einsetzen, auch über diese kollektiven Probleme unserer Zeit hinweg helfen könnte.

Da ist zum Beispiel die Psychologin und Philosophin Katharina Ohana, die schlichtweg behauptet, wir wären alle Narzisst*innen. Es käme auf die Ausprägung an, so wie bei Paracelsus die Dosis das Gift ausmacht.

Der Vergleich gefiel mir auf Anhieb, denn auch meine Sicht auf alles, was heute so unter „Narzissmus“ läuft, gestaltet sich ähnlich.

Das Bedürfnis nach Anerkennung, nach „Wahrgenommen-werden“ ist uns allen immanent!

Das beschreibt auch schon Freud in seinen Narzissmus-Theorien, wo er einen primären und einen sekundären Narzissmus postuliert. Der primäre Narzissmus – bei Kleinkindern, Kindern, teilweise auch noch Adoleszenten unübersehbar – hat eine wichtige Funktion in den unterschiedlichen Entwicklungs- und Reifungsprozessen!

Wir brauchen diese Form von Bestätigung und Bewunderung, um eine stabile Ich-Identität, ein stabiles Selbstwertgefühl als Basis für eine reife Persönlichkeit zu entwickeln

So gesehen hat der Narzissmus, der dieser frühen Lebensphase innewohnt, eine wichtige Funktion und führt uns unweigerlich auch zu Problemen und Störungen in den späteren Lebensphasen, wenn uns diese Form der Rückmeldung „etwas Besonderes zu sein“ verweigert wird.

Die Frage ist nur – wieviel von diesem primären Narzissmus dürfen wir beibehalten und wieviel davon brauchen wir in späteren Lebensabschnitten wirklich noch?

Nehmen wir nämlich eine unabgeschwächte und vor allem unreflektierte Form dieses primären Narzissmus in unser späteres Erwachsenenleben mit, so werden wir als scheinbar erwachsene – und man möchte meinen „ausgereifte“ Persönlichkeiten  – uns und unsere Umgebung langfristig sehr unglücklich machen.

Das könnte dann aber sehr wohl im Umkehrschluß bedeuten, dass es sinnvoll ist, ein bestimmtes Quäntchen dieses Narzissmus zu bewahren. Eine gesunde Dosis, die uns hilft, uns im Leben zu behaupten und durchzusetzen, um damit zumindest unsere selbstgesteckten Ziele eingermaßen realistisch zu erreichen. Gesunder Narzissmus kann in Maßen durchaus vorteilhaft und mitunter notwendig sein.

grüner Narz mich nicht Strich

Weitere Blogbeiträge von unserer Kooperationspartnerin Eva Nikolov-Bruckner finden Sie hier:

Selbstwert, Ich-Identität und gesellschaftlicher Narzissmus

Echo – einst und jetzt

Gutachteninhalte: Erziehungsfähigkeit des jeweiligen Elternteils

Eva Nikolov-Bruckner ist Psychologin in Wien. Sie bereitet auch auf psychologische Gutachten für das Gericht (z. B.: im Sorgerechtsstreit) vor. Hier gelangen Sie zu weiteren Informationen.


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