Bestimmte Formen und Ausprägungen von Narzissmus zeichnen sich dadurch aus, dass die Kommunikation mit solchen Menschen (oder besser/vorsichtiger ausgedrückt) mit Menschen mit narzisstischen Tendenzen den meisten GesprächspartnerInnen ziemlich schwierig erscheint. Zwischenmenschliche Kommunikation ist geprägt durch den Versuch sich gegenseitig Botschaften zu übermitteln. Von diesen wird meist (fälschlich) angenommen, dass diese 1:1 beim Gegenüber so ankommen, wie sie von uns gemeint waren. Nur leider – weit gefehlt, wie die Praxis zeigt. Ein scheinbar so einfacher Vorgang des Austauschs; er kann zu sehr viel Nichtverstehen (oder auch Nichtverstehen-Wollen) führen.
Nun hat zwischenmenschliche Kommunikation natürlich mehrere wesentliche Funktionen. Es geht nicht nur um Austausch, sondern auch um andere Formen des Sich-Mitteilens. Dabei kann evt. der tatsächliche Austausch gar nicht das vorrangige Ziel sein. Z.B. kann es in der Kommunikation (und das ist oft so der Fall, ohne dass wir es direkt bemerken) um das Thema Macht durch Selbstdarstellung gehen. Oder auch um Macht, indem der/die Gesprächspartnerin gezielt entwertet und verkleinert werden soll. Mit dem Thema Macht-Demonstration über die Form des Sprachgebrauchs haben sich schon viele Wissenschaftler auseinandergesetzt. Und so haben sich hier schon unterschiedliche Strömungen herausgebildet. Kommunikationswissenschaftler haben dabei die diversen Funktionen von Kommunikation auf unterschiedliche Weise analysiert. In den meisten Fällen sind sie sich darüber einig, dass die Sprache nicht nur dazu dient, einen reinen Sachverhalt darzustellen. Die Botschaft besteht also nicht aus einer reinen „Inhaltsebene“.
Schon Paul Watzlawik (ein berühmter Philosoph, Sprachwissenschaftler, Psychologe, Therapeut…ect) hat sich mit den unterschiedlichen Ebenen von verbalen Botschaften in der zwischenmenschlichen Kommunikation beschäftigt. Dabei stellte er die These auf, dass jede Botschaft, die von einem Kommunikations-Sender an einen „Empfänger“ gesendet wird, immer zwei Ebenen beinhaltet: Eine Sachebene und eine Beziehungsebene. Und die Beziehungsebene hat hier oftmals ein wesentlich größeres Gewicht als die rein sachliche. Hier wird nämlich vieles „mittransportiert“, das weit über den reinen Sachinhalt hinausgeht.
Kommunikation – Das 4-Ohren Modell nach Schutz von Thun
Diese sehr einleuchtende These wurde von dem Kommunikationswissenschaftler Schultz von Thun aufgegriffen und erweitert. Er entwickelte aus dem 2-Ebenen Modell ein sogenanntes „4-Ohren Modell“. Dieses besagt, dass jede Botschaft mit vier unterschiedlichen Ohren wahrgenommen werden kann. In der Praxis ist das natürlich etwas differenzierter. Das heißt konkret: Wir können die Botschaft natürlich mit jedem der vier Ohren aufnehmen, aber meist ist eines davon besonders „geöffnet“ und daher besonders empfänglich. Hier lassen sich mit Sicherheit auch die vielen Missverständnisse und Probleme innerhalb der zwischenmenschlichen Kommunikation ansiedeln.
In der Verständigung über die zwischenmenschliche Kommunikation geht es auch vorrangig darum, an welches Ohr der jeweilige Sender seine/ihre Botschaft ausschickt. Zum anderen geht es auch darum, mit welchem Ohr die Empfangenden diese Botschaft wahrnehmen (wollen).
In der folgenden Skizze wird anhand eines einfachen Beispiels dargestellt, wie die jeweiligen Ohren die ausgesandte Botschaft aufnehmen.
Das Selbstoffenbarungsohr hört besonders stark auch diesen dorthin gesandten Aspekt der Botschaft heraus. In diesem Fall zB:….“ich kann das besser als du – ich kenne mich aus usw. – evt. auch „im Vergleich zu dir..“
Hier kann es zu jeder Menge an Missverständnissen kommen. Man nehme nur an, die Beziehung sei frisch, positiv und mit vielen guten Emotionen aufgeladen (sprich – es handelt sich um zwei Verliebte). Diese kommunizieren meist deshalb ohne allzu viele Differenzen, weil sie ihre Botschaften aus ihrer emotionalen Situation heraus dem anderen ins sogenannte „positive Beziehungsohr schicken“. Dieses nimmt diese Botschaft dann auch richtig auf, indem es als „Liebesbotschaft“ interpretiert wird. Das kann dann bedeuten: „Deine Sicherheit ist mir wichtig; oder – ich bin um unsere Sicherheit bemüht.“
Das ist meist unabhängig davon, ob sich in dieser Beziehung auch eine narzisstische Person befindet. Auch sie kann, und zwar sehr klar und gezielt, ins Beziehungsohr senden (vielleicht am Anfang noch echt verliebt und gar nicht gezielt manipulativ). Nur leider scheint sich das oft mit längerwährender Beziehung ziemlich drastisch zu verändern!
In stark von Narzissmus geprägten Beziehungen kann es sein, dass jede Botschaft hauptsächlich auf das Selbstoffenbarungs- und das Appellohr gerichtet ist.
Kränkung und Abwertung des Partners/der Partnerin fungieren hier als „Auflademodus“ für stark narzisstisch geprägte Menschen. Denn zumindest bei ausgeprägtem Narzissmus kommt es immer wieder zu sehr kränkenden Formen von Kommunikation. Dabei wird der Partner/die Partnerin zum Spielball der ständigen Abwertung, um sich selbst dadurch aufzuwerten. Das heißt: Der Partner/die Partnerin wird durch bestimmte Abwertung im Vergleich zum eigenen (künstlich aufgeblasenen) Größen-Selbst permanent gekränkt. Das läuft einerseits über direkte Du-Botschaften ab, im Sinne von: „Du bist klein, schwach, dumm, unfähig, und eigentlich solltest du ständig dankbar sein, dass sich jemand so Großartiger wie ich mit dir abgibt“.
Aber auch die Ich-Botschaften entsprechen diesem Muster indem in jeder Art der Botschaft auf das Selbstoffenbarungsohr des Partners gezielt wird. Dieses Ohr hat (zB. in einer von Narzissmus geprägten Beziehung) gelernt, die Botschaft der Selbstoffenbarung ganz besonders gezielt herauszuhören. In vielen Botschaften/Aussagen innerhalb eines Gesprächs wird dann von Seiten der narzisstischen Person darauf abgezielt, im Selbstoffenbarungsohr des/der Gesprächspartners/in die eigene Grandiosität zu zementieren. „…Ich kann das besser als der Rest der Welt ..“ ein typisches Muster der eigenen aufgeblasenen Grandiosität von Narzissten.
Wenn der Narzissmus ausgeprägt ist: Die Strategie der Abwertung in der Kommunikation mit anderen zur Selbstaufwertung
Machtgewinn durch Abwertung in der Kommunikation.
Die tiefen Selbstzweifel und die ständige Angst, unter anderem auch vor Liebesverlust, lassen narzisstische Menschen oft zu sehr speziellen Formen der Kommunikation greifen. In fast allen Werken über Narzissmus und Menschen mit narzisstischen Tendenzen wird beschrieben, dass diese geradezu süchtig nach Selbstaufwertung sind. Daher ist es für sie so wichtig andere abzuwerten, um sich in ihrem künstlich aufgebauten (und oft auch sehr brüchigen) Größenselbst zu bestätigen.
Hinweise auf das ausgeprägte Machtstreben innerhalb des Narzsismus; auch ein Aspekt der „Schematherapie“
Auch AutorInnen aus der sogenannten Schematherapie (s. ua. Wendy Behary), in der Narzissmus über bestimmte psychische Schemata erklärt wird, betonen dieses Phänomen.
Bei der Aufzählung der Schemata, die mit Narzissmus verbunden sind, wird hier ua. auch die besonders hohe Anspruchshaltung und „Grandiosität“ genannt. Diese Form der Selbstaufwertung der eigenen Person läuft parallel zu verstärktem Machstreben. Die Aneignung von Macht kann ja davor bewahren, die eigene innere Unsicherheit und vielleicht auch Zerbrechlichkeit zu verraten.
Hier werden die Beziehungen als ein ständiges Spiel von Macht und Ohnmacht dargestellt. Selbsterhöhung, indem andere kleingemacht und niedergemacht werden, ist ein altbewährtes Schema in den zwischenmenschlichen Beziehungen.
Es ist daher wichtig, wenn man selbst von derartigen Kommunikationsmustern betroffen ist, sich möglichst Hilfe von außen zu holen. Die Gefahr besteht, dass man durch ständige Abwertung sich selbst nur noch als klein, hilflos und schwach wahrnimmt. Leider ein häufiges Motiv, das zu Selbstzweifeln, Ängsten und Depressionen führen kann.
Wichtig: Bevor wir durch Abwertungen ein verzerrtes Selbstbild von uns erhalten: Lieber zu früh als zu spät Hilfe von außen holen und annehmen!
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