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Ich möchte Sie heute mitnehmen auf eine kleine persönliche Reise aus der Praxis für die Praxis. Hilferufe von Kindern bei psychischer Gewalt – Verstehen pädagogische Fachkräfte die Signale?

Vor vielen Jahren, ich war bereits über 30 Jahre, traf ich meine Horterzieherin wieder, als ich zu einem der immer seltener werdenden Besuche in meiner Heimat war.

Sie fragte mich, im Beisein meiner Mutter „Und Heike, was machst du jetzt eigentlich beruflich, du bist doch bestimmt in einem großen Konzern die Chefin?“

Völlig verwundert über ihre Annahme, lächelte ich noch in mich hinein, weil ich diese Antwort erstmal irgendwie verarbeiten musste.

Meine Mutter hatte schon mal die Antwort gegeben und erwiderte Frau Kaiser: „Du glaubst es nicht, aber Heike ist Erzieherin, das ist ein harter Beruf, aber die Heike macht das schon“!

Ich hatte 1000 Fragezeichen im Gesicht, war sprachlos!

Während ich noch damit beschäftigt war all das, was ich gerade erlebte, irgendwie zu verarbeiten, einzuordnen, waren die beiden Frauen, beide so um die 75 Jahre dabei, schallend über meine damals tägliche Kindergartenmorgenroutine zu lachen.

In diesem Moment schien ich in zwei Welten gleichzeitig zu sein. In der als ca. 35 jährige alleinerziehende Mutter zwei Töchter, die gerade hörte wie über mich als ca. 4 jähriges Mädchen gesprochen wurde. Wir standen alle real an dem Berg, den ich als 4 jähriges Mädchen täglich widerwillig gegangen bin, vor dem Haus von Frau Kaiser.

Meine abgespaltenen Erfahrungen

tauchten aus meinem tiefsten Inneren wieder auf. Die ich in eine Schublade verschoben hatte, um mich und mein verletztes Kind zu schützen.

Ich hatte nachts Albträume, schrie, weinte. Nickte immer mal kurz weg. Morgens wurde ich schon vorwurfsvoll geweckt, weil ja wegen mir keiner schlafen konnte. So wurde ich mehr oder weniger freiwillig in den Kindergarten gebracht. Ich erinnerte mich, es ging bergauf, einen Kilometer ungefähr von Tür zu Tür, vorbei am Haus von Frau Kaiser. In den Kindergarten wollte ich nicht, ich schrie. Ich schrie mir mit aller Kraft meine Seele aus dem Leib. Irgendwie wurde ich doch diesen Berg hinaufgezerrt, stand wieder und wieder vor dieser Kindergartentür.

Meine Mutter wurde mitleidig im Kindergarten empfangen. Meine Erzieherin nahm mich in Empfang. Zwinkerte meiner Mutter zu, dass sie jetzt gehen kann, sie mache das schon.

Ich sank auf der Bank zusammen, vor Erschöpfung, die ganze Nacht nicht geschlafen, als Vierjährige einen Fußmarsch bergauf von 1 km hinter mir und es war erst 8 Uhr morgens.

So verbrachte ich mehr oder weniger still den Vormittag, die Erzieherin froh, das ich einfach still war. Bis zum Mittagessen hatte ich wieder Kraft gesammelt, um mein Essen zu verweigern, obwohl ich wirklich Hunger hatte. Jeden Mittag gab es irgendetwas, was ich ablehnte. Es sei denn es gab Griessbrei oder Milchreis. Mit der Süße, der Konsistenz des Essens, träumte ich mich in eine Welt, in der ich weich und liebevoll genährt wurde.

So saß ich meine Zeit im Kindergarten ab. Das ganze Spiel dauerte drei Monate. Dann war es meiner Mutter zu anstrengend. Meinen Eltern und meinem 9 Jahre älteren Bruder machte der ständige Schlafentzug zu schaffen. Sie nahmen mich aus dem Kindergarten, meine Mutter betreute mich zu Hause. Ich muss erwähnen, dass ich im Osten Deutschlands aufgewachsen bin, ein absolutes Alleinstelllungsmerkmal für meine Mutter.

Das Dumme war nur, ich hatte nicht bedacht, dass ich jetzt mit meiner Mutter allein zu Hause war.

Was ich eigentlich wollte?

Ich wollte zu meiner Großmutter, ich schrie quasi um Liebe, um Hilfe. Ich wollte Zeit mit meiner geliebten Großmutter väterlicherseits verbringen.Wir hatten eine besondere Verbindung. Zu dieser Zeit war meine Großmutter schon schwer krank, was ich nicht wirklich wusste, aber tief in mir spürte. Die liebevollen, sanften, wohlwollenden Momente in denen wir nicht wirklich viel machten, sondern einfach nur beisammen waren, neigten sich dem Ende. Es tat uns beiden gut, wenn ich auf ihrem weichen Schoß saß und sie mich mit ihrem zahnlosen Lächeln einfach nur ansah.

Meine Mutter hätte mich zu meiner Großmutter bringen können, es gab noch meinen Opa und den wundervollsten Bauernhof, den ich je erlebt habe. Ein Kinderparadies. Doch meine Mutter hatte etwas gegen paradiesische Zustände. Ihr gefiel es viel mehr, wenn sie mir bei jeder passenden Gelegenheit zu verstehen geben konnte, dass ich anstrengend bin, dass sie wegen mir nicht richtig arbeiten kann, nur Heimarbeit machen kann und wir alle deshalb nicht so viel Geld wie andere haben. So war ich ihren Fängen ausgeliefert.

Meine Großmutter verstarb

kurz bevor ich eingeschult wurde. Ich durfte sie schon Monate vorher schon nicht mehr sehen, denn meine Mutter entschied, dass ist zu anstrengend für die Oma. Bei der Beerdigung war ich nicht dabei, dass ist nichts für Kinder.

Ein Bild, einen ganzen Film, konnte ich damals sehen. Mein System wurde durch den Ort, und durch das Gelächter getriggert, welches sich tief in meine Seele gebrannt hatte. Viele solcher unfassbaren Erlebnisse sollten folgen, ohne das ich je physische Gewalt erlebte. Narbe um Narbe entstand auf meiner kindlichen Seele, doch ich stand einfach immer wieder auf, ließ mich nie klein kriegen.

Ich glaube, das war der Moment, an dem mein kleines Kind entschied, es ruft nie wieder nach Liebe

Weil egal wie laut ich schreie, es versteht und hört mich eh keiner.

Ich muss an der Stelle wohl nicht mehr erzählen, dass meine Mutter absolut narzisstische Züge hatte, nur wusste das damals niemand.

Ich bin einen langen Weg gegangen, um all das zu erkennen, mich nicht schuldig zu fühlen. Scheibchen um Scheibchen habe ich abgetragen, von diesem äußert hartnäckigen Konstrukt, welches sich als Schutz um meine geschundene Seele, meine Herz gelegt hat.

Ich ging diesen Weg letztendlich auch, damit ich die Geschichte für meine Kinder unterbreche, denn ich wusste tief in mir, ich gebe all diese ungelösten Schmerzen, die nicht gefühlten Gefühle weiter. Mit war irgendwie klar, scheinbar bin ich die erste in der Generationenreihe, die auserwählt wurde, um aus diesem destruktiven Konstrukt auszusteigen. Ich erinner mich auch, dass ich diesen „ Auftrag“ manchmal gerne rückgängig gemacht hätte.

In diesem Moment der Begegnung mit meiner ehemaligen Erzieherin wusste ich plötzlich, warum ich Erzieherin geworden bin, obwohl ich das nie wirklich wollte.

Mir wurde schlagartig bewusst, warum ich mich immer zu Vorschulkindern mit Verhaltensauffälligkeiten und/oder Entwicklungsverzögerungen hingezogen gefühlt habe und warum es schon immer meine Leidenschaft war, Eltern zu beraten, Menschen zu ermutigen hinter die Kulissen zu blicken.

Ich heilte meine eigene Geschichte

Ich hatte mir bzw, meinem kleinen Kind, das gegeben, was ich mir meine Erzieherin damals nicht geben konnte, weil sie es eben nicht wusste. Als Erzieherin habe ich viel intensive Elternarbeit geleistet. Es war mir immer wichtig, das Bedürfnis der Kinder UND die Bedürfnisse der Eltern anzusprechen und versuchen zu übersetzen.

Klar war ich angetrieben von der Sehnsucht meines kleinen inneren Kindes, weil ich „wusste“ , es hätte mir geholfen, wenn es da jemanden gegeben hätte, der all diese Irrsinn übersetzt. Jemanden der auf mich schaut und gleichzeitig mit meinen Eltern Klartext spricht.

Ich wünschte mir als kleines Mädchen einfach eine Person außerhalb meiner nach außen so heilen Familie. Eine Person, die versteht, fühlt, wie es mir geht. Die meine Alpträume, meine Schlaflosigkeit, meine Nahrungsverweigerung als Hilferufe verstand, die ich förmlich in die Welt hinausbrüllte. Die nicht die Starke und Taffe in mir sah, weil ich scheinbar alle Herausforderungen alleine schaffte.

Wahrscheinlich war das die Verknüpfung, zu den ganz besonders schwierigen Fällen, die ich magisch anzog. Vor allem die Kinder, die mit Gegenständen warfen, die Nahrung verweigerten, die mit krassesten Sprachauffälligkeiten.

Das waren die Kinder und natürlich auch die Eltern, die meine KollegInnen gern mir überliessen. Denn diese Kinder hinterließen in vielen meiner Kollegen das Gefühl von purer Hilflosigkeit.

Ich erinnere mich noch genau an eine Aussage, die ich vor vielen Jahren im Rahmen unserer interdisziplinären Teambesprechung äußerte.

Wenn diese Kinder wirklich sprechen könnten, wir würden ihnen nicht glauben, was sie erzählen, weil wir es uns nicht vorstellen können, dass Eltern ihre Kinder benutzen, um von ihren eigenen Problemen abzulenken, um sich selbst groß zu fühlen.“

Ich hinterließ in den Gesichtern meiner Kollegen Nicken und Zuspruch und innerlich wusste ich, ich verstehe diese Kinder auf einer ganz anderen Ebene.

Ich drang immer tiefer vor in diese unglaublichen Zusammenhänge der Familien. Gott sei Dank gehörten Familienanamnesen zum Aufnahmestandard meiner Einrichtung. Ich hatte die größte Freude, im Forschen und „Hinter die Kulissen schauen.“

In meiner täglichen Arbeit

standen für mich immer die Bedürfnisse der Kinder im Vordergrund. Ich wollte sie in ihrem autonomen Entwicklungsprozess befähigen, in jeder Lebenssituation verständlich ihre Bedürfnisse zu artikulieren. Ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie ohne all dieses schwierige Verhalten durchs Leben kommen können. Ich versuchte ihnen Stabilität zu vermitteln, jeden Tag den gleichen Rahmen zu gestalten, in dem sie doch immer wieder neue geistige Anregungen bekamen, die sie gerade auf – und annehmen konnten. In Zeiten von Fachkräftemangel und immer mehr Bürokratie waren das natürlich keine leichte Aufgaben.

Doch ich hatte gelernt zu kämpfen. Ich hielt es aus, wenn sie schlecht drauf waren, wenn sie mal wieder übers Ziel hinausschossen. Wenn all der Wahnsinn, denn sie schon vor dem Kindergartenstart erlebt hatten, sich einfach entladen musste. Ich setzte ihnen liebevoll Grenzen, forderte sie heraus, spielte mit ihnen Brettspiele, während meine Kollegen schon die Luft anhielten, weil sie wussten, dass das Kind ausflippt, wenn es verliert. Weil sie wussten, dass ich das Kind nicht um des lieben Friedens willen gewinnen ließ.

Es war mir ein tiefes Bedürfnis, was auch im pädagogischen Kontext nicht immer jeder verstand, dass ich den Kindern alternative Handlungsmöglichkeiten anbiete, dass ich ihnen zeige, wie sie mit Frust umgehen können, dass ich sie immer noch mag, auch wenn sie mich mal nicht mögen, weil ich liebevoll und doch konsequent war, weil ich sie einfach aushielt. Ich redete nicht nur mit ihnen, bei sprachgestörten

Kindern eher kontraproduktiv, denn die Frustrationstolerenz war eh schon erschreckend gering, wenn ich dann nicht verstehe oder ausdrücken kann, was ich will, öffnete sich ein neuer Teufelskreis. So war ich da, gab ihnen Mittel und Möglichkeiten an die Hand, zu kommunizieren. Sang Lieder mit ihnen, um ihnen Freude lebendig zu machen. Wieder und wieder. Denn diese geschundenen Kinderseelen, brauchten soviel Vertrauen, soviel sanfte Impulse. Ich war selten krank, denn ich konnte diese Kinder nicht wirklich allein lassen.

Der Fokus meiner Arbeit

Meine praktischen Erfahrungen mit diesen „speziellen“ Kindern zu teilen, rückte mehr und mehr in meinen Fokus. Ich hielt Vorträge zum „Umgang mit schwierigen Kindern“. Gab Kollegen und auch Praktikanten Hintergrundinformationen, nahm praktischen Bezug zu Bindungstheorien und Resilienzfähigkeit.

Ich war anders als viele meiner Kollegen, nicht die, die sich in Theorien und Studien vergrub, hinterfragte, denn ich kannte einfach die Essenz dieser Studien, weil ich sie selbst erlebt und reflektiert hatte. Ich wurde oft von Kollegen nach dem Wissenschaftler gefragt, nach dem ich da handelte. Den konnte ich ihnen in den seltensten Fällen nennen. Ich sagte ihnen einfach, dass ich das einfach so weiß. Traute mich damals noch nicht zu sagen, dass ich das alles erlebt hatte und mir damals mich als Erzieherin gewünscht hätte.

Meine Kollegen, Praktikanten beobachteten mich, kopierten, mein Verhalten und doch hatten sie nicht die selben Ergebnisse, denn ihnen fehlte – Gott sei Dank – möchte ich sagen, das persönliche Erleben, aus dem ich handelte.

Manchmal begann dieser Prozess jeden Tag von vorn

In den paar Stunden außerhalb des Kindergartens konnte viel kaputt gehen, was wir mühsam aufgebaut hatten. Dann galt es wieder von vorn zu beginnen, Wieder Vertrauen aufzubauen. Doch irgendwann manchmal erst nach einem Jahr, gab es eine Basis. Das Kind hatte verlässlich erlebt, ich bin da und natürlich auch die KollegInnen, der Kindergarten. Es war nicht nur ich als Person. Wir konnten dann den nächsten Schritt gehen.

Erst vor ein paar Wochen habe ich ein Kind getroffen, welches mit heftigen kombinierten Entwicklungsverzögerungen mit knapp drei Jahren in unsere Einrichtung kam. Es war ein langer harter Weg. Ein Schritt vor, zwei zurück.

Singen und Selbstvertrauen

Da eine normale Sprache nicht möglich war, saß oder lag ich sowohl mit diesem Kind, als auch mit den anderen Kindern der Gruppe fast jeden Mittag auf dem Bauteppich und sang aus ein und demselben Liederbuch alte Kinderlieder. Alle Strophen. Zwei Jahre gab es von dem Kind keine verbale Reaktion, gelegentlich ein Summen, ein Schmunzeln. Die Mutter, ebenfalls Opfer von (psychischer) Gewalt, erzählte mir mal, in einem entspannten Moment, das Kind würde jeden Nachmittag Kinderlieder singen. Ich war gerührt. Denn ich hatte in dem Kind ein Möglichkeit verankert, wie es sich artikulieren kann, ohne Gefahr zu laufen, dass etwas passiert.

Ganz nebenbei tat ich beim Singen so, als hätte ich den Text vergessen und plötzlich sang das Kind einfach so drauf los, klar, verständlich , absolut textsicher. Alle Kinder und ich waren total berührt. Von da an war die Sprachbarriere für das Kind gebrochen, vorerst nur beim Singen.

Als ich das Kind zufällig im Vorfahren vor ein paar Wochen traf, drehte es sich extra um, lächelte, steckte mir die Zunge heraus und tat so, als würde es singen. Dann hörte ich, wie das Kind seiner Familie sagte: „Ich will jetzt nach Hause!“ Ich muss nicht extra erwähnen, dass es für das Kind damals fast unmöglich war, seine Bedürfnisse zu äußern.

Ich drehte mich nochmal um und wir lächelten uns beide zu

So entwickelte dieses Kind aus seinen vielfältig kombinierten Auffälligkeiten einen Schutz. Denn wenn du nicht sprechen kannst, dann kannst du die „Familiengeheimnisse“ auch nicht aus Versehen ausplaudern.

Ich bin ja der Meinung, dass sich Kinder ihre Eltern aussuchen, die Seele sich aussucht, was sie alles erleben will. Oft hatte ich Tränen in den Augen, weil ich verstand, wie schwer dieser Auftrag ist und doch wusste ich, es gibt immer Menschen, die einem geschickt werden, damit es „erträglich“ ist und dass es reicht ein Fünkchen Vertrauen, Lachen, Freude zu teilen. Ich war und bin diesen Kindern, diesen Seelen sehr dankbar, denn durch sie konnte ich mein kleines inneres Kind heilen, denn mir hat damals diese Unterstützung im Kindergarten gefehlt hat.

Im Rahmen meiner erzieherischen Tätigkeit

war ich für Elterngespräche verantwortlich. Sehr häufig waren die Kinder im Vorfeld dieser Gespräche noch anstrengender als vorher. Denn die Kinder „wussten“ irgendwie, dass der geschützte Rahmen des Kindergartens nicht mit dem vom eigenen Zuhause verbunden werden durfte. Ihre Angst, dass sie danach wieder alles ausbaden mussten, weil der Kindergarten doch Sachen wusste, die die Eltern auf Biegen und Brechen zu verheimlichen versuchten. Das war meist ein ziemlicher Drahtseilakt, denn ich durfte das Vertrauen des Kindes nicht verlieren, im Kindergarten war es sicher. Dessen sicheren Rahmen galt es immer zu schützen.

Nicht mit allem was ich „wusste“ auf die Eltern lospoltern, sondern für das Kind handeln. Dem Kind die Sicherheit gehen, es passiert nichts, wenn wir mit Mama und/oder Papa sprechen. Natürlich ging es auch darum im häuslichen Umfeld Veränderungen für das Kind erreichen zu wollen. Denn kritikfähig waren die wenigsten Elternteile. Mit viel Fingerspitzengefühl und Intuition kleine Schritte zu gehen. Für das Kind.

Dieses Erleben, diese Erfahrungen zog sich übrigens durch alle gesellschaftlichen Schichten und war keineswegs nur ein Problem von Menschen mit geringem intellektuellen Hintergrund, sondern im Bereich der sogenannten Wohlstandsverwahrlosung weit verbreitet.

Als Erzieherin musste ich lernen mit Frust umzugehen

Manchmal hatte ich das Gefühl es bringt alles nichts. Ich durfte Gott sei Dank, viele Familien begleiten, die anfangs sicher nicht begeistert waren von meinem Blick hinter die Kulissen. Doch viele waren dabei, die sich aufrichtig bedankt haben, dass ich sie humorvoll und dennoch klar aus ihrer eigenen Traumwelt entführt habe. Das ich ihnen kleine Schritte angeboten habe, sich aus all diesen Konstrukten zu befreien, die sie selbst übernommen hatten.

Eines ist mir aber auch klar geworden, wenn die Eltern selbst keinen Veränderungsbedarf sehen, wenn sie nicht hinschauen wollen, dann kann ich auf und nieder springen, ich werde nichts bewirken. In solchen Fällen, haben wir uns als Kindergarten immer dazu entscheiden, uns ausschließlich um das Kind zu kümmern. Dann lebt es in zwei Welten, immer darauf vertrauend, dass das jetzt genau das ist, was dem Kind tut tut. Und letztendlich ist das die Bestätigung der Bindungstheorie, dass stabile und gesunde Bezugspersonen im Kindesalter nicht immer die Eltern sein müssen.

Vielfach habe ich erlebt, dass es ausreicht, wenn sich ein Elternteil aus diesen destruktiven alten Mustern befreit, wenn die Eltern bereit sind ihren Anteil daran zu sehen und so Verantwortung übernehmen, für die Kinder, die bis zu einem gewissen Alter eben abhängig sind, von den Eltern. Finanziell, emotional, sozial. Eltern die diesen Weg gehen, sich aus ihren eigenen psychischen Abhängigkeiten, toxischen Beziehungen zu verabschieden, sind immer auch Vorbilder für ihre Kinder. Denn die Kinder sind nur die Symptomträger. Kinder stellen sich oft zur Verfügung, damit Eltern bei sich hinschauen können.

Wo belügen sie sich selbst, wo wiederholen sich Geschichten aus vorangegangen Generationen?

Und dann braucht es ein gesunde Portion Mut und noch mehr Vertrauen

Denn wir sind alle auf der Erde, um uns zu entwickeln und zu wachsen . Wir brauchen die anderen Menschen dazu, um unserer eigenen Schattenanteile zu sehen, zu fühlen, zu verstehen und zu wandeln.

Ich selbst habe schrittweise begonnen meine Sichtweise zu teilen, eigene Erfahrungen eingestreut und dadurch erfahren, es passiert mir nichts, wenn ich meine Meinung äußere. Mir half dass ich genug praktische Erfahrungen, Erfolge, vorweisen konnte. Manchmal war ich Teilnehmerin oder Referentin bei Fachtagungen zum Thema „ Auswirkungen Psychische Gewalt im Vorschulalter“ bei denen über psychische Gewalt gesprochen wurde, als etwas, was nur ganz selten passiert, was eine Randerscheinung im menschlichen Miteinander ist und es nur Minderheiten betrifft.

Die persönliche Betroffenheit von Teilnehmern dieser Tagungen, deren Mimik und Gestik blieb mir jedoch nicht verborgen. So nach dem Motto

Oh Mist, woher weiß die das, die redet doch von mir“

Wenn ich Fachbücher lese, kann ich noch eine gewisse Distanz aufbauen, als Schutz. Doch im persönlichen Austausch gelingt das eher selten, wenn der „ Deckel“ schon mal angehoben wurde.

Und dieser Nebenschauplatz von Theorien rückt dann endlich ins Licht.

In einem Beruf, wo kindliche Bedürfnisse und die Bedeutung von adäquaten Vorbildern in der Theorie eine zentrale Rolle spielen und der sozial – emotionale Bereich als die Basis von autonomer Entwicklung, Gesundheit und Wachstum gilt, dort braucht es mehr Menschlichkeit, Offenheit, Gefühl.

Deshalb ist es mir ein Bedürfnis, pädagogische Fachkräften aufzuklären und zu sensibilisieren, welche enorme Verantwortung mit ihrem alltäglichen Tun verbunden ist. Manchmal ist es auch nur ein Erinnern, um der Betriebsblindheit vorzubeugen.

Ich habe immer wieder erlebt, wie groß die Hemmschwelle beim Thema „Psychische Gewalt“ ist

Und ich habe erlebt, wie Fachkräfte persönlich betroffen waren, über meine Ausführungen.
Ich habe erlebt, wie Berufseinsteiger an meinen Lippen klebten, weil sie all das in ihren Ausbildungen noch nie wirklich gehört haben.

Es scheint immer noch ein Tabuthema zu sein, über psychische Gewalt zu sprechen, denn Theorien und Studien reichen nicht mehr aus, um all die Wunden, die im Inneren vieler Menschen schlummern, weg zu erklären.

Dabei gibt es soviel Möglichkeiten. Elternabende, Seminare und Fortbildungen sind eine Möglichkeit im Schutz der Gruppe Informationen zu bekommen, die aus echtem Erleben stammen, aus echten Fallbeispielen, von echten Menschen. Verabschieden wir uns von der Vorstellung, dass wir alle erreichen wollen, doch die, die jetzt auf dem Weg sind, sind bereit und um die geht es. Denn durch ihre veränderte Handlungen wirken sie auch (unbewusst) auf die anderen und ermutigen so wieder Menschen, genau hinzuschauen.

Das ist meine Leidenschaft, meine Vision, Menschen zu inspirieren, zu motivieren, aufzuwecken.

Egal, ob in der pädagogischen Fachberatung oder im ganz normalen Leben.

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2 Kommentare

Claudia wawa · 4. November 2022 um 17:22

Eine Erzieherin wie dich hätte ich so, so gerne gehabt.

Ich habe massive Gewalt, Missbrauch, Vernachlässigung, psychische Folter usw. erleben müssen. (meine Mutter war eine alleinerziehende Narzistin )

Ich war richtig verhaltensgestört.. Konnte kaum reden durch meinen Sprachfehler.. konnte mich nicht in die Gruppe einfügen.. Wurde ausgegrenzt..

Damals war ich einfach nur das „Arschlochkind“ das niemand mochte. Meine Erzieherinnen waren froh mich loszuwerden
.. Meine Mutter war froh mich loszuwerden..Jeder wollte mich im Grunde loswerden.. (tut weh das so zusammenzufassen..)
jeden Tag verbrachte ich mindestens 8 Stunden in der Kita, meistens sogar noch mehr. Sie brachte mich morgens um 0630/0700 Uhr und holte mich gegen 1730/1800 Uhr ab..

Dort hätte ich so gerne einen Menschen gehabt, der sich gefragt hätte was los mit mir war.
Vielleicht wäre mir viel Leid erspart geblieben.

Mach weiter so, du leistet einem unglaublich wichtigen Job.
Gruß Claudia

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