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Glücklich werden nach narzisstischem Missbrauch ist auch eine Achterbahn zwischen Schuld- und Glücksgefühlen. Darüber schreibt unsere Kooperationspartnerin Lisa Chevalier – Systemische Coachin und Veränderungsmanagerin – in diesem Artikel.

Wer es geschafft hat, sich aus narzisstischen Beziehungen zu lösen, ist einen großen Schritt Richtung Freiheit und mehr Lebensfreude gegangen. Gleichzeitig können die Narben, die durch emotionalen und psychischen Missbrauch entstanden sind, noch lange nachwirken. Durch meinen eigenen Lebensweg habe ich immer wieder gemerkt, wie komplex sich die Suche nach dem eigenen Glück gestalten kann, wenn man von diesen Narben gezeichnet ist.

Es gibt Momente purer Freude und Leichtigkeit

In diesen Momenten verliere ich mich im Lachen und merke dabei plötzlich, wie ich meinen Körper verlasse. Es ist fast so, als ob ich über mir schwebe und mich von außen betrachte, und mich dabei sehr unbehaglich fühle. Ich verliere für Augenblicke den Kontakt zu mir selbst und meinem Glücksgefühl. Inzwischen weiß ich, dass sich dieses Phänomen Dissoziation nennt und es helfen kann, sich bewusst in seinen Körper hineinzuführen durch z.B. schütteln, Füße auf den Boden stellen etc.

Dieses Gefühl, das mich noch Jahre nach narzisstischem Missbrauch heimsucht, zeigt:

Wunden, die so tief gehen, brauchen ihre Zeit brauchen, um zu heilen

Vor kurzem habe ich einen Podcast einer bekannten amerikanischen Psychologin und Psychotherapeutin, Teal Swan, gehört. Sie beschreibt hier, wie solche Phänomene zustande kommen: Ein narzisstischer Elternteil, der bestimmte Vorstellungen davon hat, was es (für ihn) braucht, um glücklich und versorgt zu sein und glaubt, alles richtig zu machen, projiziert diese Annahmen auf sein Kind.

Ohne in der Lage zu sein, sich durch Empathie in die eigentlichen Bedürfnisse seines Kindes hineinzufühlen, kann das Verhalten des Elternteils im Kind eine innere Dissonanz erzeugen.

Stellen Sie sich vor, Sie als Kind, haben ein Bedürfnis nach Ruhe und Regeneration. Ihr Elternteil hat sich vielleicht in seiner Kindheit immer gewünscht, mit seinen Eltern zum Zirkus gehen zu können. Jetzt glaubt er aus seiner egozentrischen Perspektive heraus natürlich, sein Kind damit glücklich machen zu können und merkt aufgrund von mangelnder Empathie nicht, dass Sie als Kind total erschöpft und überreizt sind.

Auf Seiten des Elternteils ist ein totales Unverständnis, warum Sie nicht vor Freude überschäumen, denn ihm hätte das damals die Welt bedeutet.

Viele Eltern werden vielleicht über das Ausbleiben der gewünschten Reaktion sogar cholerisch und psychisch verletzend

Wenn Sie solche Situationen immer wieder durchleben, werden Sie sich angewöhnen, das gewünschte Verhalten (in diesem Fall fröhlich sein) immer dann an den Tag zu legen, wenn es von Ihnen erwartet wird, denn als Kind hängt Ihr Überleben von dieser Beziehung ab!

Umgekehrt kann es auch passieren, dass Sie echte Freude an etwas haben und es nicht in das Bild Ihres narzisstischen Elternteils passt und er Sie für diese Freude beschämt.

Scham ist eine sehr starke Emotion, die unser Verhalten extrem bestimmen und einschränken kann

Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass Scham Authentizität verhindert. So kann auf lange Sicht eine innere Verwirrung entstehen, was das Glücklichsein betrifft. Wir wissen nicht mehr wirklich, was uns eigentlich glücklich macht, denn die Dinge, von denen wir durch jahrelange Konditionierung glauben, dass sie uns glücklich machen (Stichwort Zirkus), sind eigentlich gar nicht die Dinge, die unseren eigentlichen, echten Bedürfnissen entsprechen.

Zu diesen haben wir gleichzeitig durch den Haufen an Schuld- und Schamgefühlen keinen Zugriff mehr. Sollten Sie sich also wahrhaftig glücklich fühlen, löst das die damit verbundenen Scham- und Schuldgefühle aus. Wir befinden uns also in einem Dilemma und können uns weder vor noch zurückbewegen. Jetzt fragen Sie sich vielleicht, wie Sie da wieder rauskommen und tatsächlich echtes Glück empfinden können… ?

Selbstmitgefühl und Selbstbewusstsein sind Schlüssel zum persönlichen Glück

Aus meiner persönlichen Geschichte mit narzisstischem Missbrauch weiß ich, was für eine entscheidende Rolle Selbst-Bewusstsein spielt, sich seiner selbst bewusst zu sein. Das bedeutet natürlich auch Selbstbewusstsein im klassischen Sinne: sich in sich selbst sicher zu fühlen, für sich einstehen zu können etc.

Selbst-Bewusstsein bedeutet auch, dass ich mich und meine Bedürfnisse gut kenne. Wenn ich meine Stärken und Schwächen kenne, kann ich in jeder Situation souverän reagieren, denn ich weiß, wie ich meine Stärken einsetzen kann. Außerdem bin ich weniger angreifbar, denn ich verstehe meine Schwächen bereits und weiß mit ihnen umzugehen. Ich weiß auch, was ich brauche, was mir guttut und Freude macht.

Wenn ich diese Kenntnisse jahrelang abtrainiert habe, wird es seine Zeit dauern, wieder Expert:in für sich selbst zu werden. Die Suche nach dem wahren Glück beginnt meiner Erfahrung nach oft mit der Selbstfindung und auch einer Abgrenzung von den jahrelang trainierten Mustern, die eigenen Bedürfnisse und Wünsche hintenanzustellen.

Gerade Menschen, die echoistisch/co-abhängig geprägt sind, profitieren häufig davon, Zeit mit sich alleine zu verbringen

Dies ist essentiell, um herauszufinden, was ihnen guttut und was sie wirklich wollen, was sie glücklich macht.

Wenn Sie, wie ich, in einer Familie mit narzisstischen Beziehungsdynamiken aufgewachsen sind, fordert es Übung darin, nicht durch die Augen anderer, sondern durch die eigenen zu blicken und sich selbst zu erkennen. Im Alleinsein können wir die Grautöne unserer Persönlichkeit besser wahrnehmen, weil wir nicht durch das Drama um uns herum abgelenkt sind.

So habe ich erst kürzlich für mich herausgefunden, dass ich kein „Karrieremensch“ bin. Diese Erkenntnis hat mich erstmal überrascht, weil ich so viel Energie in meine berufliche Laufbahn gesteckt habe. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte lieben, was ich mache, und ich möchte auch gut sein in dem, was ich mache, aber ich möchte mich nicht so sehr darüber definieren.

Stattdessen habe ich realisiert, dass mir mein Privatleben und meine persönliche Entwicklung viel wichtiger sind und für mich zu einer deutlich höheren Lebensqualität beitragen. Dies steht im Gegensatz zu dem Lebensstil, der meine Familie prägt, in der beruflicher und finanzieller Erfolg als Schlüssel zum Glück betrachtet wird. Das vorgelebte Ideal und die impliziten Erwartungen setzten mich unbewusst ständig unter Druck, „herausragend und großartig“ sein zu müssen.

Durch den Fokus auf mich selbst, externe Unterstützung in Form von Therapie und Coaching und damit verbundener intensiver Persönlichkeitsentwicklung habe ich mich selbst besser kennengelernt und finde meine eigene Definition vom Glück.

Mir hilft es dabei, mich regelmäßig bewusst aus meiner Komfortzone zu bewegen und neue Dinge auszuprobieren, meine eigene „Bubble“ zu verlassen. So habe ich zum Beispiel ein Hobby im Kickboxen gefunden, was mir zusätzliches Selbstbewusstsein schenkt. Ein zentraler Aspekt meiner Wiederfindungsreise war das Aufbrechen alter Muster, die mich daran hinderten, meine wahre Natur zu erkennen und mit mir selbst in Kontakt zu sein.

Das Gefühl der Selbstbeobachtung, das mich beim Lachen manchmal noch überkommt, ist eine Erinnerung daran, dass die Narben narzisstischer Beziehungen nicht einfach so verblassen.

Es erfordert eine kontinuierliche Arbeit an der eigenen Selbstannahme, sich von internalisierten Urteilen, Scham und Schuld zu befreien und authentisch zu leben

Ich möchte Sie ermutigen, sich auf eine innere Entdeckungsreise zu machen, neue Dinge auszuprobieren und aus einer interessierten, wertungsfreien Perspektive zu beobachten, was Ihnen kindliche Freude macht. Für mich ist es zum Beispiel durch Pfützenhüpfen, bei heruntergelassenem Fenster im Auto laut mitzusingen, mit Essen zu spielen und noch vieles mehr…

Ich bin gespannt, was ich in Zukunft noch an kleinen und großen Freuden entdecken kann und wünsche Ihnen eine spannende Reise zurück zu sich selbst!

Noch ein kleines Tool für Sie zum Schluss: Um die kleinen Glücksmomente im Alltag wahrzunehmen und mehr bei sich zu sein, ist das, was ich den „Magic Bean Trick“ nenne, in Anlehnung an die Zauberbohnen aus dem Märchen Hans und die Bohnenranke. Tragen Sie dazu ein kleines Glas oder ein anderes Behältnis, das klein genug für Ihre Hosentasche ist, bei sich. In dem bewahren Sie 5 Kidneybohnen auf. Jedes Mal, wenn Sie sich eines solchen Glücksmoments bewusstwerden, nehmen Sie eine Bohne heraus und stecken Sie in die andere Hosentasche. So können Sie am Ende des Tages vor dem Schlafengehen den Tag Revue passieren lassen und sich Ihrer Glücksmomente noch einmal bewusst werden. Das stärkt nicht nur Ihre Fähigkeit, glücklicher zu werden, sondern auch die allgemeine mentale Gesundheit. Viel Spaß beim Ausprobieren!

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