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Es ist Zeit, einen Blogbeitrag Echoistinnen und Echoisten zu machen. Ich nenne sie in weiterer Folge der Einfachheit halber Echo.

Sicher kennen Sie die Sage vom Halbgott Narziss, dem alle ob seiner Schönheit zu Füßen lagen. Wenn ja, dann überspringen Sie die nächsten sieben Absätze einfach. Für die anderen sei die Sage hier in meinen Worten erzählt:

Narziss war unfassbar schön. Ich korrigiere mich: Narziss war davon überzeugt, unfassbar schön zu sein. Die Natur, die Umgebung, Menschen, Tiere, besonders Nymphen waren Narziss verfallen. Dieser nahm die Komplimente gerne an, erwiderte sie aber nicht. Durch die ständige Anerkennung, fühlte er sich schließlich über alle und alles erhaben und stolzierte durch den Wald wie ein Pfau auf Ritalin.

Er war ein Nehmer und kein Geber

Die meisten Wesen verloren schnell das Interesse an Narziss, weil er ihnen weder emotional noch intellektuell irgendetwas bieten konnte.

Die Nymphe Echo allerdings liebte Narziss oder zumindest redete sie sich das ein. Sie folgte Narziss auf Schritt und Tritt und machte alles für ihn. Narziss genoss anfangs ihre Nähe, weil sie hübsch und intelligent war. Sie in seinem Gefolge zu haben, machte ihn noch strahlender. Außerdem passte ihre Nase zu seinen Ohrläppchen.

Später ließ er sich die absurdesten Dinge einfallen, die Echo für ihn aus Liebe zu erfüllen hatte und sie machte und tat und sauste und wieselte für ihn durch den Wald und über die Fluren. Sie ebnete ihm den Weg, in dem sie ihm alle Steine aus dem Weg räumte, damit er sich nicht daran stieß. All ihr Tun begleitete sie mit viel Liebe und Huldigungen Narziss‘ Schönheit gegenüber, auch wenn er eigentlich schon längst ein alter Sack und bei Lichte betrachtet, mehr aufgesetzt als wirklich schön war.

Er aber erwiderte ihre Liebe nicht. Er bedankte sich nicht einmal dafür. Er nahm, was sie gab mit grausamer Selbstverständlichkeit. Sie hoffte auf Zärtlichkeit oder wenigstens ein freundliches Wort. Weil sie nichts davon bekam, war sie sich sicher, dass es an ihr liegt und sie in Narziss‘ Augen deshalb nicht genügte – sonst würde er sie doch auch lieben. Deshalb machte sie immer mehr und noch mehr und merkte dabei gar nicht, wie sie an Strahlen und Schönheit verlor.

All ihre Leichtigkeit und ihre Freu(n)de waren still heimlich verschwunden

Sie funktionierte brav weiter bis Narziss sie angewidert von sich stieß und ihr verbot, in seiner Nähe zu sein. Es war ihm peinlich, eine Burnout-Nymphe in seiner Nähe zu haben.

Das verletzte Echo so sehr, dass sie auf der Stelle versteinerte und zu einem Felsen wurde. Fortan war sie Narziss‘ Echo. Wenn er durch den Wald lief und laut posaunte, wie toll und schön er sei (was für ein großartiger Vater oder Chef oder Richter oder Intendant oder oder) gab die Nymphe Echo als Felsen sein Eigenlob wider.

Dass die Götter dem Irrsinn nicht früher schon Einhalt geboten, finde ich persönlich schade, aber mittlerweile verstehe ich es. (Noch ein Absatz, dann versuche ich Ihnen mein Verständnis zu erklären.) Vielleicht nervte die Götter auch dieses tausendfache Widerhallen von Echo, nur konnten sie einem Stein nicht den Mund verbieten. Auf jeden Fall bestraften sie Narziss für seine Eitelkeit mit Selbsthass.

Als Narziss eines heiteren Tages an einen See kam und sein Spiegelbild im Wasser sah, verliebte er sich augenblicklich darin. Er verzehrte sich nach sich selbst ohne freilich zu wissen (Merke: Narziss ist zwar clever, aber strohdoof wie die meisten Narzissen) dass der Schönling im See nichts weiter als eine Reflexion war, solange er gänzlich von Licht bestrahlt wurde. In der Nacht war er verschwunden. Wenn Narziss sein Spiegelbild berühren wollte, verzerrte sich unvorteilhaft, was er liebte. Schließlich krepierte er jämmerlich daran.

Wieso bestraften die Götter Narziss nicht schon früher?

Die arme Nymphe. Unfassbar! Früher dachte ich auch, so eine Ungerechtigkeit. Gerade die Götter haben doch die Aufgabe, die armen schwachen Opfer zu beschützen. Pustekuchen.

Solche Götter sind von Menschen (übrigens meist Narzissen) geschaffene Geschöpfe. Wie dem auch sei, ich verstehe es so: Die Nymphe Echo hatte sich längst schon vor der Begegnung mit Narziss aufgegeben. Irgendwie hat sie ihr Leben lang nach etwas Wunderbarem gesucht, in dem sie sich völlig verlieren und aufopfern konnte. Da kam ihr Narziss ganz recht. Herrlich. Da spazierte der so einfach durch den Wald und Echo hatte endlich eine (Lebens)Aufgabe, der sie sich so ganz hingeben und aufopfern konnte. Und Narziss beschäftigte sie permanent. Was sie nicht alles für ihn tun durfte und immer war es nicht genug. Achtzig Prozent des Tages und des Nachts kreiste sie um Narziss wie eine Motte um‘ s Licht und brauchte sich gar nicht mehr um sich selbst zu kümmern.

Was waren auch ihre Bedürfnisse, ihre Hobbies und Freunde, ihre Arbeit und ihr Leben gegen SEINES?! Echo war anfangs richtig glücklich darüber. Die restlichen zwanzig Prozent übrigens nutzte sie, während Narziss nicht in ihrer Nähe war, mit Gedanken an ihn und über ihn. So war sie völlig und ganz schon vor der Versteinerung sein Echo geworden.

Hand auf‘ s Herz, was sollten die Götter da auch machen? Dem Echo ein weiteres Echo geben. Nö, die dachten sich wahrscheinlich ganz pragmatisch: „Solange sich das Hascherl um den Egoisten kümmert, stellt der wenigstens sonst keinen Blödsinn an.“

Vielleicht verbuchten sie Echos Tod auch unter Kollateralschaden

Ich war auch so ein Echolein. Ich habe mich für meinen Narziss aufgegeben: meine Heimat, meine Familie,  meine Freunde, meinen Beruf, meine Hobbies, alles, alles, alles und…. mich selbst. Ich habe meinem Narziss die Fernbedienung meines Lebens als Liebesgeschenk in die Hände gelegt und ließ mich von ihm steuern, während ich ihn bediente, hinten und vorne. Ich habe ihm meine Selbstverantwortung überlassen, weil er mir wichtiger war als ich mir selbst.

Grausam, aber selber schuld. Es war MEINE Entscheidung, auch wenn ich dabei wahrlich nicht alle Tassen im Schrank haben konnte. ICH habe mich ihm als Echo zur Verfügung gestellt und wollte mich für ihn perfektionieren. FÜR IHN.

Merksatz: In den Augen einer Narzisse
machen Sie nie etwas richtig!

Und eben deshalb war meine ganze selbstverachtende Aufopferung von vornherein zum Scheitern verurteilt bzw. klar, wohin das führt. Wollen Sie als Echo versteinern wie diese Nymphe? Wollen Sie sich so sehr selbst aufgeben, um das Eigenlob eines Idioten bis in alle Ewigkeit widerzugeben?

Wenn nicht, dann ist es höchste Zeit, dass Sie sich die Fernbedienung ihres eigenen Lebens zurückholen und nicht länger andere bedienen – sonst sind Sie irgendwann bedient.

SELBSTBEDIENEN SIE SICH SELBST!!!
ÜBERNEHMEN SIE SELBSTVERANTWORTUNG FÜR IHR EIGENES WUNDERBARES LEBEN!

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